So also fühlt man sich nach der ersten Absage

In den letzten Tagen kribbelt es mich zunehmend in den Fingern, hier mal wieder ein Lebenszeichen von mir zu geben. Ich habe oft verschiedene Beiträge angefangen und dann wieder verworfen, aber jetzt ziehe ich es durch. Ich muss das aufschreiben, auch wenn ich weiß, dass ich damit sicher nicht allein bin.

Als Folge auf meinen letzten Beitrag kamen so viele liebe Reaktionen, dafür möchte ich mich erst einmal bedanken. Ich hätte 1,2 Kommentare erwartet, aber nicht so viele wie da waren. Der Beitrag wurde geteilt, mir wurde sogar von der einen oder anderen Seite gedankt, dass ich ihn geschrieben habe. Darum fällt mir das folgende auch schon etwas leichter. Mein neues Motto ist hier ja „alles was mich bewegt“. also, raus damit.

Eine Reaktion hat mich ganz besonders berührt. Ein langjähriger Bekannter sagte, ich habe ihn zum Nachdenken gebracht und fragte, ob er irgendwie helfen kann.
Also hat er herumgefragt und mir eine Firma genannt, zu der ich dann auch gleich eine Bewerbung gesendet habe.
Schon am nächsten Tag kam eine Antwort und nach der Urlaubszeit fand ich mich bei ihnen in einem Vorstellungsgespräch wieder.

Und was für eins…Ich bin immer noch sprachlos. Ich wurde so wertschätzend behandelt, mit jeder Minute zog es mich mehr in die Richtung da will ich arbeiten, am liebsten sofort.
Mir wurde keine einzige blöde oder übergriffige Frage gestellt. Sie konnten sich einfach nicht vorstellen, wie ein Blinder konkret in dem Bereich arbeitet und dachten, die Fragen, die sie mir gestellt haben, könnten dumm sein. Ich sage immer, besser einmal zu viel gefragt.
Sogar auf die Frage was meine Stärken sind konnte ich antworten, dabei habe ich mir immer vorgestellt, ich könnte bei der Frage keine Antwort geben.
Ich wäre am liebsten gar nicht mehr weggegangen. Ich habe immer gedacht, ich sei immer froh, wenn ein Gespräch vorbei ist. So oft habe ich in der Ausbildung gehört, wie steif Vorstellungsgespräche meistens seien etc. pp…Keine Spur davon, es war als unterhielte ich mich mit Bekannten, die mich ein wenig ausfragen, was ich so kann. So viele Bewerbungstipps etc. habe ich gelesen und mich halb verrücktgemacht, solche Fangfragen könnten mir gestellt werden.

Zwei Tage später kam die Nachricht, dass ich einen Mitbewerber habe. Sofort ging mein gutes Gefühl in einem „scheiße, der hat bestimmt mehr Erfahrung als ich“ unter. Ich konnte meiner Hoffnung auf den Job von Tag zu Tag mehr dabei zusehen, wie sie immer kleiner wurde.
Eine quälend lange Woche war das, zwischen hoffen, warten und immer noch diesem „da will ich unbedingt hin, das ist es.“ Jeder Versuch mich abzulenken führte zu nichts. Im Hintergrund konnte die Zeit nicht schnell genug vergehen. Von Zeit zu Zeit schaute ich alle paar Minuten in meine Mails. Wenn ein Tag vorbei war, stellte ich mir vor, dass es beim schließen des Mailpostfachs ein Geräusch gäbe, als ob ich den Briefkasten zufallen lasse. Es war zum verrücktwerden.

Dann kam sie, die zugleich ersehnte wie gefürchtete Mail.
Sie haben den anderen genommen, der in genau den Punkten Erfahrung hat, die sie gesucht haben.
Nicht meine Behinderung war das Problem, auch nicht mein Benehmen im Vorstellungsgespräch oder sonst etwas, das mir hätte den Job von Anfang an kosten können, es war nur die fehlende Erfahrung. Der Grund, aus dem die meisten gar nicht erst meine Bewerbung beantworten oder mir gleich eine Absage schicken, ohne mich vorstellen zu können.
Selbst diese Absage war so wertschätzend und schön geschrieben, keine Standardfloskeln wie „leider müssen wir Ihnen mitteilen“ etc. pp.
Ich habe noch eine Antwort gesendet, dann habe ich meinen Bekannten informiert und anschließend noch einige Nachrichten an Freunde geschickt. Noch dachte ich, na ja, ich hab’s ja erwartet und somit haut es nicht ganz so rein.
Pustekuchen.
Auf dem Weg in die Küche liefen als hätte jemand einen unsichtbaren Knopf gedrückt die Tränen.
Ich war selbst erschrocken, konnte gar nicht glauben, dass das gerade passiert. Ich muss das in dem Moment erst richtig realisiert haben. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal so verzweifelt war.
Fast anderthalb Stunden lang konnte ich kaum aufhören zu weinen, stand völlig neben mir und konnte nicht begreifen, dass das gerade passiert ist. Ich kurz vor dem Ziel abgehängt wurde.

Wieder stecke ich mitten in meinem Teufelskreis, habe irgendwie das Gefühl, das wars.
Objektiv weiß ich, dass es nicht stimmt. Ich bin es so leid zu kämpfen.
Zur Zeit kann ich mich auch nicht motivieren, mich mit meinem Symfony tutorial abzulenken und so zu versuchen, wieder etwas Licht in die Angelegenheit zu bringen und dem Gedanken ich wäre nicht gut genug zum programmieren Abhilfe zu schaffen.
Eine Absage ist etwas, was zig Mal am Tag passiert, was mir noch öfter passieren wird und doch hat es mich umgehauen, als hätte mich eine Dampfwalze überrollt. Mich tröstet nur der Gedanke, dass man da wohl irgendwann abstumpft und es dann vielleicht beim nächsten mal nicht mehr so wehtut.

Als ich heute Nacht nicht einschlafen konnte habe ich es in Gedanken mit der ersten großen Liebe verglichen. Man denkt es ist perfekt und dann wird man wegen jemand anderen verlassen.
Ich muss mir das von der Seele schreiben, damit es mir wenigstens etwas besser geht. Wohin, wenn nicht hier rein?
Alle meine Freunde wissen Bescheid. Ich bin hier schonmal über meinen Schatten gesprungen und mir ist nichts passiert.
Immer noch frage ich mich, wie mich mein Gefühl so täuschen konnte. Selbst mein Bekannter hat gesagt, wenn ich ein gutes Gefühl habe laden sie mich vielleicht zum Probearbeiten ein.
So fühlt man sich also, wenn die erste Absage nach dem Vorstellungsgespräch kommt.
Was bringt mir meine Ausstrahlung, wenn doch wieder jemand anderes besser ist?
Seit die Mail kam kommt mir alles so aussichtslos vor. Ich habe immer noch Bewerbungen offen, auch vorhin wieder welche rausgeschickt, aber die ganze Zeit denke ich, dass es eh nichts bringen wird oder ich wieder irgendwelche faulen Kompromisse machen müssen werde. Mittlerweile ist mir alles im ITBereich recht, Hauptsache ich muss nie mehr pendeln. Allein schon der Gedanke daran macht mich kaputt, mich in einen Zug setzen zu müssen, sei die Strecke noch so kurz. Seit ich nicht mehr pendeln muss haben die Albträume diesbezüglich aufgehört. Ich mochte noch nie alleine unterwegs sein, schon gar nicht auf langen Strecken, die Pendelei hat diesen Zustand verschlimmert.
Ja, ich mache gerade wieder Mimimi und sicher wird das auch wieder aufhören, nur gerade muss das einfach nochmal raus. Wer bis zum Ende durchgehalten hat, danke. Falls du mich für einen Jammerlappen hältst, ist ok, gerade bin ich das vielleicht. Aber es wird auch wieder besser, hoffentlich bald.

6 Gedanken zu „So also fühlt man sich nach der ersten Absage

  1. Hast du schon mal bei er Stadt oder der Blista nachgefragt? Es gibt ja auch noch eininige Hilfsmittelanbieter wie Dräger und Linnert, auch wenn Du aus der Barrierefreiheit rauswillst.

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